Mindestens eine Million Uiguren sind in chinesischen Konzentrationslagern eingesperrt. 30 muslimische „Gelehrte“ bescheinigen den Chinesen dennoch, das Richtige zu tun.
Xingjang/Ostturkestan
- China hat zwischen dem 8. Januar und 9. Januar rund 30 Gelehrte aus 14
mehrheitlich muslimischen Ländern in die Provinz Xinjiang eingeladen, die von
Uigurinnen und Uiguren Ostturkestan bezeichnet wird. Die von den chinesischen
Staatsmedien veröffentlichten Bilder zeigten die Delegation der World Muslim
Communities Council (WMCC) unter der Leitung des emiratischen Wissenschaftlers
Ali Rashid al-Nuaimi. Im Rahmen ihrer Tour durch mehrere Städte in der
Heimatregion der Uigurinnen und Uiguren besuchten sie verschiedene Orte. In
einer Presseerklärung des WMCC wiederholte der Delegationsführer Nuaimi die
Behauptung Chinas, das harte Vorgehen gegen die Uiguren sei Teil seiner Politik
zur Bekämpfung des Terrorismus in der Provinz Xinjiang.
Uiguren
bezeichnen Besuch von Gelehrten als Propagandaverstaltung
Bei den Uiguren löste
der Besuch der „muslimischen Delegation“ Empörung aus. „Das ist eine
Propagandaveranstaltung der chinesischen Führung“, erzählte Enver Can gegenüber
Fr.de von IPPEN.MEDIA. Er arbeitet für Ilham Tohti Initiative, eine
Menschenrechtsorganisation, die über die Lage der Uigurinnen und Uiguren in China
aufklärt.
Dass diese Delegation
den Völkermord an Uiguren ignoriert, verwundert Enver Can indes nicht: „In den
muslimischen Ländern gibt es selbst keine Demokratie. Diese Länder schützen
nicht einmal die Menschenrechte in ihrem eigenen Land. Wie sollen sie dann die
Rechte der Uiguren schützen?“
Uiguren in China: Von Muslimen verleugnet und im Stich gelassen© Bereitgestellt von FR Foto © IMAGO/Ana Fernandez |
Auch der „Weltkongress
der Uiguren“ ist verärgert über die Delegation aus muslimischen Staaten. „Es
ist empörend, dass der WMCC an diesem Propagandabesuch teilgenommen hat und
sich nun der Darstellung der chinesischen Regierung anschließt“, teilt die
Dachorganisation für die Verbände mit, die sich für die Menschenrechte der Uigurinnen
und Uiguren in Ostturkestan einsetzt.
Mehrere westliche
Staaten, darunter auch die USA, haben die Maßnahmen der chinesischen Regierung
gegen die Uigurinnen und Uiguren als Völkermord eingestuft. In den meisten
islamischen Staaten werden die Gräueltaten bislang ignoriert oder verleugnet.
Grund für die Unterstützung der chinesischen Regierung durch islamische Staaten
sind die engen Wirtschaftsbeziehungen untereinander. Das gilt vor allem auch
für die Türkei. „Die Türkei hat enge wirtschaftliche Beziehungen zu China. So
spielt Ankara mit dem Gedanken, Teil des Shanghaier Organisation für
Zusammenarbeit zu werden“, so Dolkun Isa, der Präsident des Weltkongresses der
Uiguren, gegenüber unserer Redaktion.
Muslimische
Verbände in Deutschland schweigen zu Uigruen
Auch die muslimischen
Verbände in Deutschland schweigen zu dem mutmaßlichen Völkermord an ihren
Glaubensgeschwistern. Unserer Redaktion hat bei den großen islamischen
Verbänden in Deutschland angefragt, ob das Thema Genozid an den Uigurinnen und
Uiguren in ihren Moscheeverbänden thematisiert worden sei. Weder Ditib, noch
IGMG (Milli Görüş) und VIKZ (Verband der islamischen Kulturzentren) wollten uns
bis zur Veröffentlichung dieses Artikels dazu Auskunft geben.
Human Rights
Watch bescheinigt Menschenrechtsverbechen an Uiguren
In ihrem aktuellen
Jahresbericht 2023 bestätigt die Menschenrechtsorganisation „Human Rights
Watch“ (HRW) die Menschenrechtsverbrechen an den Uigurinnen und Uiguren und
anderen Minderheiten in China. „Schätzungsweise eine Million Uiguren und andere
turkstämmige Muslime werden gefoltert, politisch indoktriniert und zur Arbeit gezwungen“,
heißt es in dem Bericht. Der Präsident des Weltkongresses der Uiguren geht von
mindestens drei Millionen inhaftierten Uigurinnen und Uiguren in chinesischen
Konzentrationslagern aus.
Folter,
Vergewaltigung und Mord
Überlebende dieser
Lager berichteten über Folter, Vergewaltigung und Mord. Die im vergangenen Jahr
mit internationalen Medien geteilten sogenannten „Xinjiang Police Files“ hatten
ebenfalls die Grausamkeit in diesen chinesischen Lagern bestätigt. Die
Informationen darin stammten aus Polizeicomputern in Xinjiang.
Die Daten ermöglichten
bislang einmalige Einblicke in das Lager- und Gefängnissystem in der
Uiguren-Provinz. So sollten etwa Ausbrecher erschossen werden. Mehrere Tausend
eindrückliche Polizeifotos zeigten mit Schlagstöcken bewaffnete Wärter, die auf
dem Boden kniende Gefangene umringten.
China dementiert
und spricht von Ausbildungszentren
Chinas Regierung
behauptete von Anfang an, die Lager seien „Ausbildungszentren“, in den die
Uiguren vor islamischem Extremismus gerettet werden und dem Terrorismus vorgebeugt
wird. Bis heute ist es westlichen Journalist:innen nicht gestattet, in der
Region ohne strenge polizeiliche Aufsicht zu reisen. (Erkan Pehlivan)
Kommentare
Kommentar veröffentlichen